St. Andrä-Wördern – Integrationsgespräche
Mittwoch, 28. Juni 2017, 18:30 Uhr
Musikschulsaal, Greifensteiner Straße 22, 3423 St. Andrä
Wie sich die Debatte um Wertekurse in Österreich entwickelte lässt sich in Zeitungs-Chroniken verfolgen. Augenscheinlich wird dabei: die Verwobenheit mit staatlichem Migrationsmanagement, die immer restriktiveren und menschenverachtenderen Haltungen und Rhetoriken gegenüber Einwanderung und wandernde Menschen sowie die stetige Ignoranz gegenüber kritischer Stimmen welche den Sinn von Wertekursen und entsprechenden Prüfungen im Allgemeinen in Frage stellen.
Erstmals in einer Presseaussendung erwähnt wurde die Idee von Sebastian Kurz als Integrationsminister am 11. September 2015: „Für mich ist es auch ganz zentral, dass der Integrationsfonds Wertekurse anbieten wird. Wir müssen unsere Grundwerte von Anfang vermitteln vom Rechtsstaat bis hin zur Gleichstellung von Mann und Frau.”
Im November 2015 folgt der 50 Punkte Plan zur Integration und bereits damals ist davon zu lesen, dass DaZ-Lehrende Wertevermittler_innen werden sollten und dass bei nicht Belegen der Zwangslernmaßnahmen Sanktionen beim Bezug von Sozialleistungen angedacht sind.
http://derstandard.at/2000026006731/Asylberechtigten-droht-Kuerzung-von-Sozialleistungen
http://derstandard.at/2000025142798/Werte-sollen-in-Sprachkursen-mitvermittelt-werden
wie sich die Debatten seit damals entwickelt haben zum Durchklicken:
APA:
DER STANDARD:
DIE PRESSE:
DIE WIENER ZEITUNG:
Jetzt soll ich also, vom Gesetzgeber angeordnet, „grundlegende Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung“ in Österreich in meinen Deutschkursen vermitteln, und diese Werte werden dann im Rahmen der „Integrationsprüfung“, einer kombinierten Sprach- und Werteprüfung abgeprüft. Die Integrationsprüfung entscheidet über etwas so Existentielles wie das Aufenthaltsrecht der PrüfungskandidatInnen in Österreich.
Ich bin es inzwischen seit 9 Jahren gewohnt, die Kursteilnehmerinnen in meinen Frauengruppen dabei zu unterstützen, Sprachprüfungen auf Niveau A2 bzw. B1 abzulegen, damit sie die Integrationsvereinbarung erfüllen können. Wie problematisch es ist, den rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich mit einem Deutschtest zu verknüpfen, erlebe ich jedes Semester wieder, wenn ich die Prüfungsvorbereitung mache, und die Frauen von Tag zu Tag nervöser werden, weil sie so unter Druck stehen. Ich kann ihnen den Druck nicht nehmen, aber ich kann sie sprachlich unterstützen und sie mit dem systematischen Aufbau der Prüfung vertraut machen.
Jetzt aber kommen in der Prüfung und in den Deutschkursen die Werte dazu, und das ist ein enormer Unterschied. Denn was bedeutet eigentlich der vielstrapazierte Begriff „Werte“? Bedeutet er im Kontext des Gesetzestexts „Regeln“, bedeutet er „Bräuche“, bedeutet er „Überzeugungen“ oder bedeutet er sogar so etwas wie ethisch-moralische Haltungen? Und je nachdem, wie das Gesetz ihn vorschreibt und wie der ÖIF ihn in seinen Wertematerialien abhandelt, wie gehe ich mit diesem Inhalt in meinem Deutschkurs um?
Die Frauen in meinen Deutschkursen kommen aus den unterschiedlichsten Ländern und haben sich aus vielfältigen Gründen für ein Leben in Österreich entschieden. Das heißt, einige von ihnen haben sich gar nicht bewusst für ein Leben in Österreich entschieden – es hat sie zufällig auf ihrer Flucht hierher verschlagen. Und nun – und das haben sie mit den anderen Frauen in meinen Kursen, die geplant hierhergekommen sind, gemeinsam – wollen sie das Beste aus ihrem neuen Leben hier machen. Und ich darf und soll und hoffentlich kann ihnen dabei helfen, indem ich sie beim Deutschlernen unterstütze.
Neben der Vermittlung von sprachlichen Strukturen, also dem hand- und mundfesten Werkzeug, das ich mitbringe und das auch über mehr oder weniger konkrete Ergebnisse überprüfbar ist, erlebe ich meine Arbeit vor allem als Austausch und Auseinandersetzung mit meinen Kursteilnehmerinnen. In dieser Auseinandersetzung treffen wir als Menschen aufeinander, die so unterschiedlich und sich doch auch so ähnlich sind, wie Menschen halt sind. Mit dem einen großen Unterschied allerdings, dass ich in Österreich geboren und aufgewachsen bin, und auch meine Eltern und meine Großeltern hier geboren und aufgewachsen sind. Und dieser Unterschied bedeutet, dass ich mich gesellschaftlich in einer einfacheren, und ja, privilegierten Position befinde. Der Unterschied bedeutet aber nicht, dass ich weiß, wie man hier richtig lebt, während die Kursteilnehmerinnen es nicht wissen.
Meine Position muss ich auch immer mitbedenken, wenn wir uns als Lerngruppe offen und vertrauensvoll untereinander austauschen. Denn meine privilegierte Position und einfach auch die Tatsache, dass ich die Lehrerin bin und die Frauen Lernende, bedeutet Macht. Und mit Macht soll man verantwortungsvoll umgehen. Wenn es um Grammatik und Wortschatz geht, dann bin ich aufgrund meiner langjährigen Ausbildung und Erfahrung die Expertin und kann und will das den Deutschlernenden vermitteln. Das steht (hoffentlich!) in meiner Macht.
Wenn es aber um etwas so Verschwommenes und schwer Definierbares wie „Werte“ geht, dann wird es problematisch. Denn natürlich geht es bei einem offenen Austausch auch immer um „Werte“, insbesondere, wenn man „Werte“ als Haltungen oder Überzeugungen versteht. Jede/r von uns denkt, sagt, zeigt, agiert, lebt seine/ihre Werte die ganze Zeit, bewusst oder meistens unbewusst. Und dann konfrontieren wir andere mit unseren Werten, und werden gleichzeitig mit ihren Werten konfrontiert. Das gilt natürlich nicht nur für den Kontext Deutschkurs, sondern für jede soziale Interaktion.
Das erlebe ich allein schon täglich vor der Schule meines Kindes, wenn ich mit anderen Eltern spreche, ganz egal, welchen „Hintergrund“ sie haben. Wir haben unterschiedliche Werte, sowohl Überzeugungen, als auch Regeln und Bräuche, als auch moralische Konzepte, was unsere Kinder angeht, was wir ihnen mitgeben wollen, was wir wichtig oder nicht so wichtig finden. Sollen die Kinder im Bett der Eltern schlafen oder nicht? Ist es gut, wenn Kinder schon mit einem Jahr außer Haus betreut werden? Etc. Und diese unterschiedlichen Wertvorstellungen tauschen wir miteinander aus, manchmal sind wir uns einig, manchmal überhaupt nicht. Schwierig wird es allerdings, wenn ich meine Werte, die ich zu diesem Zeitpunkt meines Lebens aufgrund meiner Lebenssituation und meiner Lebenserfahrungen habe, anderen als die richtigen vermitteln möchte. Denn Werte, wenn man sie als persönliche Überzeugungen und ethisch-moralische Konzepte versteht, sind individuell und wandelbar.
Ich kann sie nicht vermitteln, und ich kann sie schon gar nicht abprüfen; ich kann mich nur mit anderen über sie austauschen und sie auch verhandeln. Ich verstehe sie auch nicht als etwas Statisches, sie verändern sich ein Leben lang, durch die Veränderungen in meinem Leben und durch die Erfahrungen, die ich im sozialen Zusammenleben mit anderen Menschen mache. So habe ich jetzt definitiv andere Überzeugungen und auch teilweise andere ethische Vorstellungen als vor 20 Jahren, und ich würde sagen, das liegt zu einem großen Teil auch an meinem Beruf und den vielen unterschiedlichen Lebenserfahrungen und Lebensgestaltungen, die ich durch meinen Beruf gehört, gesehen und erlebt habe.
Sollte es bei den Werten um Bräuche gehen, dann kann ich von österreichischen Bräuchen, sofern sie mir bekannt sind, erzählen (viele davon kenne ich nur vom Hörensagen oder Lesen, sie sind aber nicht Bräuche, die ich lebe); ich kann sie aber auch nicht vermitteln, denn dafür muss man entweder von klein auf damit aufgewachsen sein oder aber man entscheidet sich dafür, einen neuen Brauch ins jetzige Leben zu integrieren, und das ist immer eine sehr persönliche, individuelle Entscheidung, so etwas kann nicht politisch verordnet werden und auch nicht gelehrt werden.
Wenn es aber bei den „Werten“ um Regeln und Gesetze geht, dann muss es in einer demokratischen Gesellschaft natürlich Spielregeln für alle geben, an die sich auch alle halten müssen, damit nicht Chaos oder Gewalt ausbricht oder permanentes Unrecht herrscht. Und ich bin sehr froh, in einem Rechtsstaat mit Gewaltenteilung zu leben – das ist die Basis in unserer demokratischen Gesellschaft, die für mich nicht verhandelbar ist. Und die zentralen demokratischen Werte sind Freiheit, Gleichheit und Solidarität.
Um Regeln, die auf diesen Werten beruhen, zu lernen, braucht es politische Bildung für uns alle, in der Schule und auch in der Erwachsenenbildung. Ich bin gern bereit, eine gute Lehrerfortbildung in politischer Bildung zu machen. Und ich bin gern bereit, über zentrale demokratische Grundwerte mit den Teilnehmerinnen in meinen Kursen zu diskutieren. Ich finde es aber höchst problematisch, wenn es nicht um Diskussion und Austausch, sondern um Vermittlung der „richtigen“ Regeln geht, und das vor dem Hintergrund einer Prüfung, die über den Aufenthaltstitel in Österreich entscheidet. Denn ich bin eben nicht Beamte im Innenministerium geworden, sondern Deutschlehrerin.
Kathrin B.
Von der Seite des Parlaments:
Beschluss des Nationalrates vom 16. Mai 2017 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Integrationsgesetz und ein Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz erlassen sowie das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden.
Alle eingesendeten Stellungnahmen finden sich hier zum Nachlesen.
Das parlamentarische Verfahren lässt sich hier nachvollziehen.
BILDUNG IST NIE WERT(E)LOS – (UM-)ERZIEHUNG IMMER WÜRDELOS!
≠> Kommt zum nächsten Treffen
ins Lerncafé (Volkertplatz 12, 1020 Wien)
am Mi., den 30.6. um 18 Uhr
WAS TUN?
≠> Schreibt!
Verfasst eure Empörung, eure Wut, eure Enttäuschung, euren Widerstand in Worte. Jedes Textformat ist möglich, mit Namen oder anonym.
Schickt eure Texte an igdazdaf@riseup.net zur Veröffentlichung auf https://igdazdafbasisbildung.noblogs.org/ und auf facebook: IG Arbeitsbedingungen DAZ Basisbildung Organisierung gegen Ausbeutung
Wertevermittlung in der Bildungsarbeit: Planungs- und Koordinierungstreffen der IG Arbeitsbedingungen DaZ DaF Basisbildung
Am 16. Mai wurde das neue Integrationsgesetz beschlossen und damit auch tiefgreifende Eingriffe in unser Arbeitsfeld. Über kurz oder lang werden wir die Auswirkungen auf unsere Arbeitsverhältnisse zu spüren bekommen, die bereits jetzt die Strukturen bei den niederschwel- ligen Vereinen und großen Bildungsinstitutionen angreifen. Erste Anzeichen dafür sind die inhaltlichen Einmischungen des ÖIF in bereits laufende Projekte, durch bspw. vorgegebene Lehrwerke oder der vertraglichen Zwangs-Verp ichtung von Lehrenden zur Umsetzung der vom ÖIF festgeschriebenen Wertevermittlung, der verp ichtenden Verwendung ihrer Materialien und der verp ichtende Besuch von ÖIF-Weiterbildungen. Außerdem werden verstärkte Kontrollen der Unterrichtspraxis sowie die Androhung von Sanktionen sowohl für Teilnehmende als auch Lehrende/Prüfende unsere Autonomie weiter einschränken.
WIR SIND LEHRER_INNEN,
KEINE WERTE- ODER SPRACHPOLIZIST_INNEN! WIR WOLLEN NICHT VERLÄNGERTER ARM DIESER POLITIK SEIN!
Wir machen gerne wert(e)volle Bildung aber sicher keine entwürdigende (Um)Erziehungs- arbeit. Durch den Beschluss des Integrationsgesetzes werden aus politischem Kalkül die ErfahrungenvonLehrendeninderErwachsenenbildungentwertet.Wert(e)vollePraxiserfahrungenvon Lehrenden und kritische Stimmen aus der Wissenschaft und Forschung werden ignoriert. Wehren wir uns vielstimmig!
Das nächste überbetriebliche Treffen von D.i.E (Deutschlehrenden in der Erwachsenenbildung) findet am 10. Juni/ 11 - 15 Uhr in der Arbeiterkammer /Theresianumgasse 16-18) statt: Text: Wir wollen abschließend unsere Forderungen beraten und weitere Aktionen vorbereiten. Geeinigt hatten wir uns am 22.4. auf die Formel mindestens 2:1 für die Vor- und Nachbereitungszeit. Wir wollen aus dem Babe-KV 4a Gruppe heraus und in die Gruppe 5. Die Honorare der Freien DienstnehmerInnen müssen entsprechend angepasst werden. Offen ist, welche Forderung wir auswählen bzw. erheben, um diese institutsübergreifend und noch im Juni auf die Tagesordnung zu setzen. Ausdrücklich eingeladen wird zur Versammlung der ÖDAF. und hier die Facebookveranstaltung: https://www.facebook.com/events/1694808574156582/?acontext={%22ref%22%3A%2223%22%2C%22action_history%22%3A%22null%22} es gibt auch eine öffentliche Gruppe auf FB "Deutschlehrende in der Erwachsenenbildung"
Ohne jede wissenschaftliche Grundlage, dafür aber mit umso mehr multimedialer Verve hat der Österreichische Integrationsfonds als Basis für die vielzitierten Werteschulungen Interessantes über Österreich und die ÖsterreicherInnen zutage gebracht: Es wird Hände geschüttelt, was das Zeug hält und Schi gefahren.
Heinz Müller und Maria Bauer, die Protagonisten kurzer Videoklips mit Übersetzung ins Arabische und Persische, wohnen in einem etwas heruntergekommenen Gemeindebau in der Gartenstraße 1 in Meidling. Beide sind verheiratet und haben zwei bzw. drei Kinder. Heinz Müller kommt aus Deutschland, spricht ganz das österreichische Idiom („Kann mich der Arzt einmal anschauen?“) und besucht einen Deutschkurs. Er möchte Österreich kennenlernen. Maria Bauer erzählt ihm beim nachbarschaftlichen Kaffee – denn hier begrüßen wir uns immer mit Handschlag und laden jederzeit gerne unsere Nachbarn zum Kaffeetrinken zu uns nach Hause ein, was in einem anderen Kurzfilm noch näher ausgeführt wird:
„Österreich hat 9 Bundesländer. Alle Bundesländer sind sehr schön… Im Süden ist Kärnten mit der Hauptstadt Klagenfurt, daneben ist die Steiermark mit der Hauptstadt Graz… Wien ist die Hauptstadt von Österreich. Ganz im Osten ist noch das Burgenland mit der Hauptstadt Eisenstadt… In Vorarlberg, Tirol und Salzburg kann man gut wandern und Schi fahren, es gibt viele hohe Berge. Die Stadt Salzburg ist sehr schön. Hier hat Mozart gelebt. In Kärnten gibt es viele Seen und es scheint oft die Sonne… In Oberösterreich und Niederösterreich gibt es viele Bauernhöfe, hier kann man gut Urlaub machen und Fahrrad fahren…Und Österreich ist nicht groß.“ So plant Herr Müller nun den Traumurlaub.
Dann passiert etwas Sonderbares: Herr Müller ist offenbar eine Art hilfsbereiter Beamter auf der Meldestelle von Beruf, der nicht weiß, wie er seinen Müll trennen kann; er erklärt Frau Dr. Bauer, wie sie den Meldezettel ausfüllen soll. Dr. Maria Bauer: „Hier oben steht Familienname oder Nachname…was bedeutet das?“ Der Beamte hilft prompt und ganz unbürokratisch, so wie wir in unserem kleinen schönen Land eben sind: „ In diese Zeile schreiben Sie Ihren Nachnamen hinein!“ Herr Müller hält weitere Tipps parat, leider ist das nur in unserem kleinen schönen Land so simpel: „Bei Staatsangehörigkeit tragen Sie Ihr Herkunftsland ein.“
Frau Bauer und Herr Müller sind beide umgezogen, interessanterweise beide gleichzeitig, denn sie bleiben Nachbarn und tauschen Ostereier aus. Frau Bauer klingelt, schüttelt dann natürlich Herrn Müllers Hand und wünscht frohe Ostern, schließlich verkündet sie: „Ich möchte Ihnen gern ein paar Eier geben.“ Herr Müller nimmt eines, dann noch eines für seine Frau und bekommt 8 weitere für seine Familie. Zufälligerweise hält Herr Müller auch 10 Ostereier bereit und so zählt man munter weiter bis zwanzig.
Bevor Herr Müller aber umziehen konnte, sitzt er wieder im Wohnzimmer bei seiner Nachbarin Dr. Bauer, von Beruf offenbar mal Immobilienmaklerin, mal Ordinationsgehilfin, je nachdem: „Herr Müller, Sie suchen eine Wohnung für Ihre Familie?“ „Ja, ich suche eine Wohnung, für mich, für meine Frau, für meine drei Kinder.“ „Das ist gut, die Wohnung ist groß“ erklärt Frau Dr. Bauer kryptisch. Was ist denn nun gut, dass Herr Müller eine Wohnung sucht, dass er Frau und drei Kinder hat, dass die angebotene Wohnung groß ist; die aktuelle Wohnungsknappheit mal ganz außer Acht lassend? In unserem kleinen schönen Land ist alles gut. Und es gibt die kurzsche Hausordnung, ganz wie im Filmchen.
Zwischenbilanz: In der kurzschen Welt, unserem kleinen schönen Land, schüttelt man, egal was passiert, erst einmal die Hand. Wir fahren Schi. Wir trennen Müll. Grauenhafte Unfälle passieren, weil wir im Büro auf den Sessel steigen und nicht auf die Leiter. Wir merken uns die Notrufnummern, das ist nicht schwer. Wir laden unsere Nachbarn zum Kaffee ein. Wir bringen unseren Nachbarn Ostereier vorbei. Wir sind verheiratet und haben Kinder. Wir treiben Sport, idealerweise im Verein und ehrenamtlich. Unsere Beamten sind freundlich und hilfsbereit. Schlagersängerin Claudia ist ein Jungbubenschwarm und der Grund, warum Sascha beim Elternsprechtag plötzlich so gelobt wird von seiner Deutschlehrerin, erst konnte er gar nicht gut Deutsch, sein Vater war schon ganz verzweifelt, aber dann – Claudia!! Und die Eltern wollten auch noch verbieten, Briefe an Claudia vom Postamt aus abzuschicken, denn unsere Jugendlichen kennen weder App noch Facebook, um „Schlagersängerinnen“ zu huldigen.
Wem diese Dystopie überzogen scheint, dem genügt ein Blick auf die vom ÖIF publizierte „Lernunterlage“ zu den Wertekursen (Mein Leben in Österreich, S.22)
„Bildung ist für die Österreicherinnen und Österreicher sehr wichtig. Jede Frau und jeder Mann bekommt in Österreich eine gute Bildung. Es ist egal, wie alt man ist, woher man kommt oder wie viel Geld man hat. Alle haben hier die gleichen Chancen.“
Jeder einzelne Satz (und Halbsatz) an sich ist vermutlich unwahr, sofern die tatsächliche inhaltliche Relevanz überprüft werden wollte, der Zweck ist rein propagandistisch: Wem in Österreich ist denn „Bildung sehr wichtig“ und was versteht man hierzulande überhaupt unter „Bildung“? Und jede Frau und jeder Mann? Und alle gleichberechtigt? Zumindest das ist Gegenstand äußerst kontroversieller Debatten. Und plötzlich spielen entscheidende soziale Faktoren in der kurzschen Welt überhaupt keine Rolle mehr: fingierte Chancengleichheit, fingiertes Bildungsbürgertum, fingierte Fairness. Es könnte Satire sein, ist jedoch traurige Realität all derer, die auf sogenannte „Wertekurse“ verpflichtet wurden.
http://derstandard.at/2000058328085/Wertekurse-Was-tun-wenn-der-Nachbar-nervt
Integrationsfonds: Tiefschwarzer ideologischer Staatsapparat
Integrationsfonds: Tiefschwarzer ideologischer Staatsapparat
ÖIF raus aus der Bildung! Raus aus der Sprachvermittlung!
BILDUNG IST NIE WERT(E)LOS –
(UM-)ERZIEHUNG IMMER WÜRDELOS!
Wertevermittlung in der Bildungsarbeit: Planungs- und Koordinierungstreffen der IG Arbeitsbedingungen DaZ DaF Basisbildung
Am 16. Mai wurde das neue Integrationsgesetz beschlossen und damit auch tiefgreifende Eingriffe in unser Arbeitsfeld. Über kurz oder lang werden wir die Auswirkungen auf unsere Arbeitsverhältnisse zu spüren bekommen, die bereits jetzt die Strukturen bei den niederschwel- ligen Vereinen und großen Bildungsinstitutionen angreifen. Erste Anzeichen dafür sind die inhaltlichen Einmischungen des ÖIF in bereits laufende Projekte, durch bspw. vorgegebene Lehrwerke oder der vertraglichen Zwangs-Verp ichtung von Lehrenden zur Umsetzung der vom ÖIF festgeschriebenen Wertevermittlung, der verp ichtenden Verwendung ihrer Materialien und der verp ichtende Besuch von ÖIF-Weiterbildungen. Außerdem werden verstärkte Kontrollen der Unterrichtspraxis sowie die Androhung von Sanktionen sowohl für Teilnehmende als auch Lehrende/Prüfende unsere Autonomie weiter einschränken.
WIR SIND LEHRER_INNEN,
KEINE WERTE- ODER SPRACHPOLIZIST_INNEN! WIR WOLLEN NICHT VERLÄNGERTER ARM DIESER POLITIK SEIN!
Wir machen gerne wert(e)volle Bildung aber sicher keine entwürdigende (Um)Erziehungs- arbeit. Durch den Beschluss des Integrationsgesetzes werden aus politischem Kalkül die ErfahrungenvonLehrendeninderErwachsenenbildungentwertet.Wert(e)vollePraxiserfahrungenvon Lehrenden und kritische Stimmen aus der Wissenschaft und Forschung werden ignoriert. Wehren wir uns vielstimmig!
WAS TUN?
≠> Schreibt!
Verfasst eure Empörung, eure Wut, eure Enttäuschung, euren Widerstand in Worte. Jedes Textformat ist möglich, mit Namen oder anonym.
Schickt eure Texte an igdazdaf@riseup.net zur Veröffentlichung auf https://igdazdafbasisbildung.noblogs.org/ und auf facebook: IG Arbeitsbedingungen DAZ Basisbildung Organisierung gegen Ausbeutung
≠> Kommt zum nächsten Treffen
ins Lerncafé (Volkertplatz 12, 1020 Wien)
am Mi., den 31.5. um 18 Uhr